Der Wirtschaftsausschuss in der Corona-Krise

Unsicherheit über zukünftige Entwicklungen, der Spagat zwischen Vertrauen und Misstrauen im Verhältnis von Mitarbeitervertretung und Geschäftsleitung und noch stärker als in normalen Zeiten die Frage “Sind das jetzt wirklich außergewöhnliche und notwendige Maßnahmen und wie schätzen wir diese ein?” – das ist das Minenfeld, auf dem sich Mitarbeitervertretungen grundsätzlich, aber zur Zeit ganz besonders zurechtfinden müssen. Vielleicht hilft zur besseren Orientierung auch ein Blick darauf, wie in vergangene Krisen gehandelt wurde und welche Lehren alle Beteiligten daraus ziehen können?  

Betriebswirtschaftliche Auswirkungen einer Krise

Die Corona-Krise wird aufgrund der befristeten Stilllegung weiter Teile der Wirtschaft in eine volks- und betriebswirtschaftlich schwierige Situation münden, die durch staatliche Maßnahmen nur zum Teil abgefedert werden kann. Die Unternehmen werden auf die veränderte Marktsituation und die gemachten Erfahrungen reagieren und Konsequenzen für die zukünftige Arbeit ziehen.

Dem Wirtschaftsausschuss kommt in dieser Situation eine zentrale Aufgabe zu, da er die Aufgabe hat, die wirtschaftlichen Angelegenheiten mit dem Arbeitgeber zu beraten und den Betriebsrat zu unterrichten (vgl. § 106 BetrVG). Um sich ein umfassendes Bild zur Lage des Unternehmens und zu möglichen Maßnahmen des Managements aufgrund der Corona-Krise und den Risiken für die Beschäftigten zu machen, sollte der Wirtschaftsausschuss seine Arbeit in drei Schwerpunktbereichen intensivieren (vgl. Dr. Christof Balkenhol, Die Rolle des Wirtschaftsausschusses in Transformations- und Krisenphasen in „Der Betriebsrat“, Ausgabe 01/2020, S. 8ff.): in der

• laufenden Berichterstattung zur Geschäftsentwicklung
• Beratung zu Restrukturierungsprojekten und
• Etablierung eines Strategiedialogs.

Im heutigen Blogbeitrag beschäftigen wir uns mit der laufenden Berichterstattung zur Geschäftsentwicklung.

Zu den wirtschaftlichen Angelegenheiten nach § 106 Abs. 3 BetrVG gehört unter anderem die wirtschaftliche und finanzielle Lage des Unternehmens (z.B. konjunkturelle Entwicklung, Auftragsbestand, Ergebnissituation, Liquidität).

Welche Auswirkungen hat die Corona-Krise auf die wirtschaftliche Lage des Unternehmens?

  1. Wie ist die Situation auf den Absatzmärkten in Deutschland und international?
  2. Wie ist die Situation auf den Beschaffungsmärkten?
  3. Funktionieren die Logistikketten?
  4. Ist eine nachhaltige Veränderung bei den Marktpartnern zu erwarten?
  5. Konnten Kosten flexibilisiert werden?

Insbesondere der Liquidität kommt in Krisensituationen eine besondere Bedeutung zu: Kann die Liquidität nicht sichergestellt werden, muss das Unternehmen Insolvenz anmelden. Eine Unternehmenssteuerung unter Liquiditätsgesichtspunkten wird den Schwerpunkt auf die Erhöhung der Einzahlungen (bspw. Eintreiben offener Forderungen, neue Kredite) und die Reduzierung der Ausgaben (bspw. verspätete Zahlungen, keine Investition, Reduzierung auf überlebenswichtige Ausgaben) legen, wobei klassische Rentabilitäts- und Gewinnüberlegungen in den Hintergrund treten, da zunächst das Überleben des Unternehmens sichergestellt werden muss. Der Wirtschaftsausschuss sollte zu diesen Maßnahmen im Gespräch mit der Geschäftsleitung sein, um die Lage des Unternehmens sachkundig beurteilen zu können.

Idealerweise berät der Wirtschaftsausschuss mit Hilfe eines spezifischen, unternehmensbezogenen und aussagefähigen Kennzahlencockpits den aktuellen Status der Geschäftsentwicklung mit der Geschäftsführung. Exemplarisch seien hier drei Kennzahlenbereiche genannt, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten Krisenhinweise geben.

  • rückläufige Kennzahlen zum Auftragseingang geben frühzeitig Hinweise auf Absatzprobleme und weisen damit oft bereits weit im Vorfeld auf drohende Krisen hin.
  • Rückgänge im operativen Ergebnis (Kennzahlen zum EBIT/ Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit) machen sichtbar, dass das Unternehmen deutlich näher an eine Ergebniskrise herangerückt ist.
  • Abnehmende Liquiditäts- und Cashflow-Kennziffern signalisieren geringen Finanzierungsspielraum. Der Wirtschaftsausschuss sollte intensiv mit dem Management beraten, welche Gegenmaßnahmen die Geschäftsführung kurzfristig ergreifen will, um die wirtschaftliche Lage zu stabilisieren.

Im nächsten Blogartikel werden wir uns mit der Beratung von Restrukturierungsprojekten im Wirtschaftsausschuss beschäftigen.

Wie geht’s weiter?

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Haben Sie zum heutigen Blogbeitrag Fragen oder brauchen Sie Unterstützung? Dann melden Sie sich bei Michael Schubek unter schubek@solidarconsult.de

(Bildquelle: feedough via depositphotos)